Die häufigsten Fehler bei der Feuerwehrgebührenkalkulation – eine Übersicht für die Praxis der Gebührenkalkulation in Niedersachsen

Sebastian Hagedorn, Diplom-Verwaltungsbetriebswirt (FH), Inhaber GKN Kommunalberatung
 
Veröffentlicht in "NST-N" Ausgabe 5/2022 - Niedersächsische Städtetag
Verfasser: Sebastian Hagedorn, Diplom-Verwaltungbetriebswirt (FH)
 
Die häufigsten Fehler bei der Feuerwehrgebührenkalkulation – eine Übersicht für die Praxis der Gebührenkalkulation in Niedersachsen

 

  1. Einleitung – Das Problem erkennen

Die Freiwilligen Feuerwehren in Niedersachsen leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Daseinsvorsorge und darüber hinaus sind sie ein wichtiger Eckpfeiler für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade in Niedersachsen ist die Ortsfeuerwehr in vielen Dörfern der letzte Anlaufpunkt für die Dorfgemeinschaft. Die Arbeit der Ehrenamtlichen wird dabei jedoch nicht leichter. Einige Bürger*innen, Unternehmen und Institutionen haben die Freiwillige Feuerwehr als vermeintlich kostenfreie Alternative zu privatwirtschaftlichen Leistungen ausgemacht. Viele Türöffnungen, Tragehilfen, Tierrettungen und sonstige freiwillige Leistungen könnten gleichermaßen durch private Anbieter erbracht werden, da keine akute Notsituation vorgelegen hat. Hinzu kommt bei vielen Feuerwehren die steigende Anzahl von Fehlalarmen, die durch schlecht gewartete Brandmeldeanlagen verursacht werden. Nehmen diese Art von Einsätzen überhand, sinkt die Leistungsbereitschaft und das Verständnis der Freiwilligen.

Die Kommunen in Niedersachsen haben nach § 29 des Niedersächsischen Gesetzes über den Brandschutz und Hilfeleistungen der Feuerwehr (NBrandSchG) die Möglichkeit, Gebühren für Einsätze zu erheben. Dies betrifft beispielsweise freiwillige Hilfeleistungen und Einsätze ohne akute Lebensgefahr und ohne, dass ein Brand vorgelegen hat. Eine rechtmäßige Abrechnung von Feuerwehreinsätzen setzt jedoch eine aktuelle betriebswirtschaftliche Feuerwehrgebühren-kalkulation voraus. Neben der Aktualität der Kalkulation spielt dabei auch die Höhe der Gebühren eine Rolle. Gebührensatzungen, die zehn oder sogar zwanzig Jahre alt sind, enthalten typischerweise niedrige Gebührensätze, die der Anzahl der freiwilligen Einsätze nicht entgegen wirken. Außerdem besteht nur ein geringer Bezug zu den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Kosten eines Feuerwehreinsatzes. Eine angemessene Abrechnung eines (unnötigen) Feuerwehreinsatzes wird auch durch die Freiwillige Feuerwehr als Wertschätzung ihrer Leistung anerkannt, auch wenn die Erträge hierfür in voller Höhe bei der Kommune verbleiben.

Aus der Erfahrung des Verfassers bei der Beratung unterschiedlicher Kommunen in Niedersachsen sollen im Folgenden die häufigsten Fehler bei der Feuerwehrgebührenkalkulation aufgezeigt werden.

 

  1. Die häufigsten Fehler bei der Feuerwehrgebührenkalkulation
 
Keine betriebswirtschaftliche Gebührenkalkulation

Der größte und leider auch ein häufiger Fehler ist es, dass keine betriebswirtschaftliche Gebührenkalkulation durchgeführt wird. Bei der Umsetzung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation haben die Kommunen große Ermessensspielräume. Keine nachvollziehbare betriebswirtschaftliche Kalkulation durchzuführen und die Kosten zu schätzen oder sich an den Nachbarkommunen zu orientieren, ist jedoch keine Lösung. Nach § 5 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) ist es erforderlich, dass die Kosten der öffentlichen Einrichtung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelt werden. Hintergrund dieser Regelung ist, dass durch die Gebühren die Kosten der öffentlichen Einrichtung gedeckt werden sollen. Es sollen jedoch keine Überschüsse erzielt werden. Für die Feuerwehrgebühren bedeutet dies nur eine anteilige Deckung der Kosten der Einrichtung, da die Feuerwehr auch gebührenfreie Einsätze leistet. Das bedeutet auch, dass durch die Feuerwehrgebühren maximal der Anteil der Kosten gedeckt wird, der dem Anteil der gebühren-pflichtigen Einsatzzeiten entspricht. In der Praxis ist der Anteil meist noch geringer, da häufig nicht alle Einsatzzeiten eines gebührenpflichtigen Einsatzes auch abgerechnet werden können.

Des Weiteren sollte eine Kalkulation regelmäßig, das heißt spätestens alle drei Jahre, erneuert werden. Auf diese Weise werden größere Sprünge in der Gebührenhöhe und ein sich daraus ergebender öffentlicher Aufschrei vermieden. Dieser könnte sich negativ auf das Bild der Freiwilligen Feuerwehr auswirken.

 

Zu viele Gebührentarife

Der engagierte Betriebswirt neigt dazu, sein Talent durch eine möglichst komplexe und detailverliebte Kalkulation unter Beweis zu stellen. Leider ist dies in der Praxis nicht zielführend. Nicht nur die Bürger*innen, auch die Feuerwehr verliert schnell den Überblick über die Vielzahl an möglichen Gebührentarifen. Zudem können die meisten Bürger*innen ohnehin nicht zwischen einem TLF und einem HLF unterscheiden. Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird eine Kalkulation durch Komplexität nicht automatisch besser. Die Typisierung und Pauschalierung ist in der Rechtsprechung anerkannt. Durch das Zusammenfassen von Tarifen und Leistungen werden bei der Kalkulation beispielsweise Ausreißer bei den Kosten oder den Einsatzzeiten durch die Bildung von Durchschnittswerten relativiert. Auf diese Weise vermeidet man außergewöhnlich hohe Gebührentarife, die mit dem Äquivalenzprinzip beziehungsweise mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Konflikt stehen könnten.

Die Verwaltungsvereinfachung und –praktikabilität sind legitime Gesichtspunkte bei der Gebühren-kalkulation. Bei der Kalkulation sollte deshalb ein reibungsloses Verfahren zwischen der Feuerwehr und Verwaltung im Fokus stehen und das bedeutet möglichst einfache und nachvollziehbare Gebührentarife. Außerdem wird so die Nachvollziehbarkeit des Gebührenbescheides für die Bürger*innen verbessert.

 

Keine Beteiligung der Funktionsträger der Feuerwehr bei der Kalkulation

Bei den Kommunen in Niedersachsen besteht in der Regel ein sehr harmonisches Verhältnis zwischen den Funktionsträgern der Feuerwehr und der Verwaltung. Dieses gute Verhältnis sollte man sich bei der Feuerwehrgebührenkalkulation zu Nutze machen und die Feuerwehr in das Verfahren einbinden. Insbesondere, wenn die Kalkulation in der Kämmerei und nicht im Fachamt erfolgt, könnte ansonsten Misstrauen gegen die anstehenden Veränderungen entstehen. Die in der Regel eher praktisch veranlagten Funktionsträger der Feuerwehr werden schließlich die für die Abrechnung erforderlichen Daten an die Verwaltung liefern müssen. Außerdem ist eine sachgerechte Kalkulation ohne Berücksichtigung der praktischen Erfahrungen und Besonderheiten kaum vorstellbar. Die Unterstützung und der Rückhalt der Feuerwehr zur neuen Feuerwehrgebührenkalkulation erleichtern zudem den Weg durch die politischen Gremien. Wer möchte es sich schon leichtfertig mit der Freiwilligen Feuerwehr verscherzen?

 
Pauschalgebühren für Fehlalarme

Viele Gebührensatzungen enthalten Pauschalgebühren für Fehlalarme, die meist sehr niedrig ausfallen. Dies widerspricht dem eingangs beschriebenen Nebenzweck der Feuerwehrgebühren, unnötigen Einsätzen entgegenzuwirken. Aus Sicht des Verfassers ist es auch wegen der Gebührengerechtigkeit angemessen, Fehlalarme entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Feuerwehr abzurechnen. Soweit - wie beschrieben  - die Gebühren-struktur einfach gehalten ist, ist dies sowohl für die Feuerwehr als auch für die Verwaltung kein besonderer Mehraufwand gegenüber einer pauschalen Abrechnung. Eine sachgerecht ermittelte Pauschalgebühr stellt außerdem einen Durchschnittswert dar. Das bedeutet, dass diese gar nicht niedrig ausfällt, sondern viele Gebührenpflichtige mehr bezahlen müssten als bei einer Spitzabrechnung. Gleichzeitig würden tendenziell große Einrichtungen wie Gewerbebetriebe gegenüber einzelnen Bürgern bevorteilt, da hier in der Regel größere und häufiger abrechenbare Fehleinsätze stattfinden. Auch hierbei erschließt sich für den Verfasser kein nachvollziehbarer Nutzen einer Pauschalgebühr für Fehlalarme.

Soweit die Gebühren durch die Politik generell für zu hoch erachtet werden, bietet sich die Festsetzung von politischen Gebühren an. Aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes sollten in diesem Fall jedoch alle Gebührentarife gleichermaßen gemindert werden.

 

Kein Gebührentarif für Brandsicherheitswachen

Brandsicherheitswachen kommen in der Regel auf öffentlichen Veranstaltungen wie Schützenfesten, Stadtfesten oder auch Karnevalsfeiern zum Einsatz. Das bedeutet, die Brandsicherheitswachen finden häufig bei Veranstaltungen statt, an denen ein gewisses öffentliches Interesse besteht. Bei einer Gebührenerhebung nach einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation können die dadurch entstehenden Kosten dazu führen, dass die Veranstaltungen für die Vereine unwirtschaftlich werden. Dies ist nicht im Interesse der Kommune und auch nicht im Interesse der Feuerwehr, bei der im Zweifel die Schuld hierfür gesehen wird. Für den Verfasser bietet es sich deshalb an, für Brandsicherheitswachen einen eigenen, niedrigeren Gebührentarif in der Gebührensatzung vorzusehen. Begründen lässt sich eine geringere Gebühr mit der geringeren Beanspruchung im Vergleich zu einem Brandeinsatz. So wird vermieden, dass die Feuerwehrgebühren als große Belastung für das Vereinsleben wahrgenommen werden. Dies ist schon deshalb zu begrüßen, da die Feuerwehr in der Regel gut ins Vereinsleben integriert ist und Partnerschaften bestehen. Dieses Verhältnis zu belasten, wäre wenig weitsichtig.

 

Umsatzsteuer nach § 2b UStG

Sowohl Hilfeleistungen als auch freiwillige Leistungen der Feuerwehr können nach § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) der Umsatzsteuer unterliegen. Dies betrifft in der Regel größere Feuerwehren mit einem entsprechenden Gebührenaufkommen. Durch die hohen Gebührensätze bei einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation können die Schwellenwerte für die Umsatzsteuerpflicht jedoch schnell erreicht sein. Aus Sicht des Verfassers bietet es sich generell an, die freiwilligen und sonstigen Leistungen der Feuerwehr aus Verwaltungssicht kritisch zu betrachten. Sicherlich sollte man sich als Verwaltung nicht zu sehr in die internen Vorgänge der Freiwilligen Feuerwehr einmischen. Völliges Wegsehen der Verwaltung kann aber letztlich zu Auswüchsen führen, die sowohl dem Ansehen der Feuerwehr als auch der Verwaltung schaden können. Der Sinn und Zweck des § 2b UStG besteht auch darin, Wettbewerbsnachteile für die Privatwirtschaft auszugleichen. Auch aus diesen Aspekten kann es von Vorteil sein, wenn sich die Feuerwehr auf ihre gesetzlichen Kernaufgaben konzentriert. Ein gesunder und selbstkritischer Umgang sowohl der Verwaltung als auch der Feuerwehr ist hier wohl langfristig die beste Lösung. Bei der Gebührenkalkulation sollte eine Umsatzsteuerpflicht nach § 2b UStG immer geprüft werden.

 

  1. Fazit – Die Vorteile der betriebswirtschaftlichen Gebührenkalkulation nutzen

Die Erhebung von Feuerwehrgebühren hat eine große Außenwirkung. Hinter dem Gebührenbescheid steht die Leistung einer auf kommunaler Ebene sehr wichtigen öffentlichen Einrichtung. Dementsprechend sorgsam sollten im Rahmen der Gebührenkalkulation die unterschiedlichen Ziele der Feuerwehr, der Verwaltung und der Kommunalpolitik abgewogen werden.

Die Verbesserung der Ertragssituation steht dabei für die Kommunen meist nicht an erster Stelle. Den Kommunen geht es vorrangig um eine rechtmäßige Gebührenfestsetzung. Dabei sind kostendeckende oder zumindest angemessene Gebührentarife auch im Interesse der Feuerwehr, um einer steigenden Anzahl an Fehlalarmen und sonstigen Einsätzen entgegenzuwirken. Des Weiteren verringern die Gebührenerträge das Defizit im Haushaltsprodukt Brandschutz, wodurch sich eventuell Spielräume bei der finanziellen Ausstattung der Feuerwehr ergeben können.

Bei einer durchdachten und übersichtlich gestalteten Gebührenkalkulation hält sich der Verwaltungsaufwand für eine regelmäßige Kalkulation in einem angemessenen Rahmen. Gleiches gilt für die Abrechnung der gebührenpflichtigen Einsätze. Der hierbei entstehende Verwaltungsaufwand sollte sich insbesondere für die Freiwillige Feuerwehr im Rahmen halten. Es zeigt sich, dass es sich sowohl für die Verwaltung als auch für die Feuerwehr und für die Kommunalpolitik lohnt, sich mit dem Thema Feuerwehrgebühren zu beschäftigen.

 

 Der Verfasser:
Sebastian Hagedorn, Diplom-Verwaltungsbetriebswirt (FH), Inhaber GKN Gebührenkalkulation und Kommunalberatung Niedersachsen

Ehemaliger niedersächsischer Beamter in verschiedenen Kommunalverwaltungen. Praktische Leitungserfahrung in den Bereichen Ordnungsamt, Schulen, Jugend und Kultur sowie Controlling, Buchhaltung, Finanzen und Wirtschaft. Freier Dozent für verschiedene Bildungsträger und kommunale Spitzenverbände in Niedersachsen.

GKN Kommunalberatung ist auf die Rechtslage und Rechtsprechung in Niedersachsen spezialisiert. Die Schwerpunkte liegen in der betriebswirtschaftlichen Kalkulation von Friedhofs-, Feuerwehr- und Straßenreinigungsgebühren, Verrechnungssätzen für kommunale Bauhöfe sowie Seminare und Workshops zur Begleitung der hausinternen Kalkulation.

GKN Kommunalberatung, Meissnerweg 5, 31812 Bad Pyrmont

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