Teil 3 Die Vorteile einer betriebswirtschaftlichen Entgeltkalkulation für kommunale Bauhöfe

Sebastian Hagedorn, Diplom-Verwaltungsbetriebswirt (FH), Inhaber GKN Kommunalberatung
Veröffentlicht in "der Bauhofleiter" 06/2021 FORUM VERLAG HERKERT GMBH
Verfasser: Sebastian Hagedorn, Diplom-Verwaltungbetriebswirt (FH)
 
Die Vorteile einer betriebswirtschaftlichen Entgeltkalkulation für kommunale Bauhöfe
- Typische Herausforderungen und Lösungsansätze
sowie der Umgang mit der Kommunalpolitik -
  1. Einleitung

In den beiden ersten Teilen dieses Aufsatzes wurden zunächst der praktische Ablauf und die Ausführung einer betriebswirtschaftlichen Entgeltkalkulation sowie die Besonderheiten in Bezug auf den Fuhrpark beleuchtet. Im dritten und letzten Teil werden typische Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze herausgestellt, die sich bei einer betriebswirtschaftlichen Entgelt-kalkulation ergeben. Eine dieser Herausforderungen ist der Umgang mit der Kommunalpolitik. Bei allen Überlegungen ist es das Ziel, die Kalkulation möglichst effektiv zu gestalten. Das heißt, mit möglichst geringem Arbeitsaufwand eine Kalkulation aufzustellen, die in der Nachkalkulation eine möglichst geringe Abweichung zur Prognose aufweist und deren Ergebnisse mit der Arbeitspraxis eines kommunalen Bauhofes vereinbar sind.

 Festlegung des Kalkulationszeitraums

Eine wichtige Festlegung zu Beginn der Bauhofkalkulation ist die Festlegung des Kalkulations-zeitraumes. Es bietet sich dabei an, auf das Geschäftsjahr des Bauhofes zurückzugreifen. Dies ist in der Regel das Kalenderjahr. Des Weiteren ergibt in der Regel ein mehrjähriger Kalkulationszeitraum von zwei bis drei Jahren Sinn. Die Vorteile eines mehrjährigen Kalkulationszeitraumes bestehen in gleichbleibenden Verrechnungssätzen und damit in der Planungssicherheit für den Auftraggeber, welcher in der Regel die Kernverwaltung oder bei Gemeindeverbänden die Mitgliedsgemeinden darstellt. Außerdem können Kostenschwankungen und Schwankungen bei der Leistungserbringung in einem mehrjährigen Kalkulationszeitraum relativiert werden. Voraussetzung für eine mehrjährige Kalkulation ist eine belastbare Kosten- und Personalplanung. Je größer die Unsicherheiten bei den Prognoseentscheidungen sind, desto kürzer sollte der Kalkulationszeitraum gewählt werden.

Die Nachteile eines mehrjährigen Kalkulationszeitraumes liegen in dem Risiko, dass Abweichungen zur Prognose erst Jahre später festgestellt werden. Ein Gegensteuern wird so schwierig und es können sich über Jahre erhebliche Defizite ansammeln. Dieses Risiko lässt sich mindern, indem laufend oder mindestens jährlich ein Soll-/Ist-Vergleich zur Kalkulation durchgeführt wird. Wird dabei eine bedeutende Abweichung festgestellt, kann auch im laufenden Kalkulationszeitraum eine neue Kalkulation durchgeführt werden. Der Verfasser bevorzugt einen mehrjährigen Kalkulationszeitraum von zwei bis drei Jahren. Aus den Erfahrungswerten hat sich hierbei das beste Verhältnis zwischen Kalkulationsaufwand und dem Risiko von Abweichungen herausgestellt.

  1. Hohe Krankheitsstände, Langzeiterkrankungen und Altersteilzeit

Abweichungen von bis zu zehn Prozent zwischen Soll und Ist beider Bauhofkalkulation liegen nach der Erfahrung des Verfassers in einem normalen Rahmen. Größere Abweichungen sind häufig auf hohe Krankheitsstände, Langzeiterkrankungen und Altersteilzeit-Modelle zurückzuführen. Jeder dieser Gründe für eine Soll-/Ist-Abweichung wirkt sich jedoch unterschiedlich aus.

Das größte Problem mit hohen Krankheitsständen ist, dass diese schwer zu prognostizieren sind. In dieser Betrachtung wird von Krankheitsständen ausgegangen, die in der Lohnfortzahlung liegen. Grundsätzlich berücksichtigt man einen durchschnittlichen Krankheitsstand bei der Prognose der jährlichen Leistungsstunden. Weicht dieser später von der Planung ab, wirkt sich dies direkt auf das Jahresergebnis des Bauhofes aus. Geht man beispielsweise von jährlich durchschnittlich 15 Krankheitstagen aus und im Nachhinein stellt sich heraus, dass dieser Wert bei jährlich durchschnittlich 30 liegt, ergibt sich eine Abweichung zum Jahresergebnis von rund acht Prozent. Aus der Praxis sind dem Verfasser kommunale Bauhöfe mit durchschnittlich über 50 Krankheitstagen bekannt. Eine derartige Abweichung zur Prognose würde bereits zu einem negativen Jahresergebnis von rund 17 % führen. Außerdem wirkt sich der Krankheitsstand prozentual noch stärker auf den Stundensatz aus. Ein Anstieg von jährlich durchschnittlich 15 auf 50 Krankheitstage bedeutet einen Anstieg des Stundensatzes von über 21 %. Dies soll verdeutlichen, wie wichtig gesunde Mitarbeiter*innen für die Wirtschaftlichkeit des Bauhofes sind. Es lohnt sich folglich, in die Gesunderhaltung der Mitarbeiter*innen zu investieren.

Bei Mitarbeiter*innen mit Langzeiterkrankungen wirken sich Abweichungen zur Prognose nicht so deutlich aus, da diese aus der Lohnfortzahlung fallen. Es ist jedoch ein Irrglaube, dass sich Abweichungen zur Prognose nicht auf die Stundensätze oder das Jahresergebnis auswirken würden. Durch die Anteile für Gemeinkosten (Bauhofleitung, Verwaltung, Gebäude usw.) in den Stundensätzen wirken sich Abweichungen zur Prognose auch in diesen Fällen auf das Jahresergebnis aus. Besondere Vorsicht bei der Kalkulation ist bei Altersteilzeit geboten. Diese wirkt sich in den aktiven Jahren senkend und den passiven Jahren erhöhend auf den Stundensatz aus. Ein typischer Fehler ist es, bei der Prognose die Verringerung der Leistungsstunden in der passiven Phase der Altersteilzeit nicht zu berücksichtigen.

 Die Bildung von Tarifgruppen und die Auswahl des Abrechnungsmaßstabes

Vor der Ermittlung der Verrechnungssätze für Personal sowie für Maschinen und Fahrzeuge steht man vor der Entscheidung, welche Abrechnungstarife gebildet werden sollen und welcher Abrechnungsmaßstab dabei angewendet wird. Der Verfasser hat die Erfahrung gemacht, dass Kalkulationseinsteiger alles möglichst kleingliedrig regeln wollen und gleichzeitig den Überblick über das große Ganze verlieren. Für den Betrachter wirkt so eine Kalkulation sehr gewissenhaft, im Ergebnis führt dies nach der Erfahrung des Verfassers aber eher zu größeren Abweichungen im Jahresergebnis und macht es schwierig, in der Nachkalkulation die Ursachen hierfür festzustellen. In der Praxis hat es sich bewährt, Tarife möglichst zusammenzufassen. Dies ist anwenderfreundlich und verringert Abweichungen im Jahresergebnis sowie erhebliche Schwankungen bei den Verrechnungssätzen. Beispielsweise könnte man für das Personal eigene Verrechnungssätze für verschiedene Aufgabenbereiche wie Maler, Gärtner oder Straßenbau ermitteln. Dahinter steht das Bestreben, dass die Stundensätze vergleichbar mit der Privatwirtschaft nach Wertigkeit der Arbeitsleistung höher oder niedriger ausfallen. Dies tritt in der Praxis jedoch häufig so nicht ein, da Faktoren wie der Krankheitsstand oder das Alter der Mitarbeiter*innen einen größeren Einfluss auf den Stundensatz haben als die Wertigkeit der Arbeitsleistung. Als Abrechnungsmaßstab erscheint in der Praxis nur die Abrechnung nach Leistungsstunden praktikabel.

Auch bei den Maschinen und Fahrzeugen gilt, dass die Umsetzung der Kalkulationsergebnisse für den Bauhof praktikabel sein muss. Kalkulationseinsteiger mühen sich damit ab, für jede Kettensäge und Bohrmaschine einen Stundensatz zu ermitteln. Dies belastet diejenigen, die damit in der Praxis arbeiten sollen und sie selbst verlieren am Ende den Überblick. Für den Verfasser hat es sich bewährt, aufgrund der geringen Bedeutung, auf Verrechnungssätze für Kleingeräte zu verzichten. Die Kosten für Kleingeräte fließen stattdessen in die Verrechnungssätze der Fahrzeuge und Großgeräte mit ein. 

Die Fahrzeuge und Großgeräte werden zu möglichst wenigen gleichartigen Gruppen zusammengefasst. Auf diese Weise erhält man einen gewogenen Durchschnittswert, durch den Ausreißer und jährliche Schwankungen bei den Leistungsmengen, aber auch bei den Kosten, abgemildert werden. Häufig heben sich so Effekte auch gegenseitig auf, sodass das Ergebnis am Ende passt, auch wenn einzelne Werte von der Prognose abweichen. Auf diese Weise bleibt letztlich auch der Erfassungsaufwand überschaubar und steigert dadurch die Akzeptanz für den Abrechnungs-prozess innerhalb des Bauhofes.

 Der Umgang mit der Kommunalpolitik

Bereits im ersten Teil zur betriebswirtschaftlichen Entgeltkalkulation wurde zu den Risiken einer Bauhofkalkulation das Thema Kommunalpolitik angeschnitten. Die Kommunalpolitik kann sowohl Befürworter als auch Gegner des Bauhofes sein. Dies fällt von Kommune zu Kommune völlig unterschiedlich aus. Auf der einen Seite sieht die Politik die erheblichen Vorteile eines kommunalen Bauhofes für die Daseinsvorsorge. Auf der anderen Seite wird unterstellt, dass Privatunternehmen wirtschaftlicher seien. Möglicherweise steht hinter dem Wunsch, Bauhofleistungen zu privatisieren auch die Förderung von lokalen Unternehmen. Gelegentlich sind lokale Unternehmer auch selbst in der Kommunalpolitik aktiv.

Aus Sicht des Verfassers ist es zunächst von Vorteil, wenn der Bauhof selbst aktiv wird und eine betriebswirtschaftliche Entgeltkalkulation auf den Weg bringt. Wird dies von der Kommunalpolitik angeschoben, steht in diesem Zusammenhang häufig auch die negativ behaftete Frage nach der Wirtschaftlichkeit des kommunalen Bauhofes. Unter diesen negativen Vorzeichen steht dann auch der gesamte Prozess, was bedauerlich ist, da in der Kalkulation viele Chancen für den Bauhof liegen.

Wird die Kalkulation durch den Bauhof angeschoben, kann dieser auch die Ziele, die durch die Kalkulation erreicht werden sollen, selbst festlegen. Außerdem ist der Zeitdruck in der Regel geringer, wenn die Initiative vom Bauhof selbst ausgeht. Es ist sinnvoll, die Ziele der Kalkulation im Vorfeld mit der Kommunalpolitik zu kommunizieren und abzustimmen, so kann sich im Nachhinein niemand beklagen, dass seine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Im Zusammenhang mit einer Entgeltkalkulation ist häufig auch die Hoffnung auf eine Kosten- und Leistungsrechnung verbunden, wobei diese weiter geht als eine Entgeltkalkulation und andere Ziele verfolgt.

Liegen die Ergebnisse der Kalkulation vor, sollten diese der Kommunalpolitik möglichst transparent vorgestellt und soweit durch die Verwaltung vorgesehen auch zum Beschluss vorgelegt werden. Es ist ratsam, der betriebswirtschaftlichen  Entgeltkalkulation einen nachvollziehbaren Bericht beizufügen, aus dem die Ermittlung der Daten und die einzelnen Rechenschritte hervorgehen. Dieser Bericht ist auch eine gute Plattform, um die Vorzüge des Bauhofes herauszustellen. Stellen Sie bei der Kalkulation positive Entwicklungen fest, sollten Sie diese auch im Bericht herausstellen. Soweit die Ergebnisse insgesamt oder in einzelnen Bereichen weniger gut ausfallen, kann der Bericht direkt eine Ursachenanalyse enthalten und - wenn möglich - können Lösungsansätze aufgezeigt werden. In jedem Fall bleiben Sie als Bauhofleiter der Herr des Verfahrens, wenn Sie die Kalkulation angeschoben haben.

 Fazit

Eine betriebswirtschaftliche Entgeltkalkulation bringt viele Vorteile für einen kommunalen Bauhof und es ist sinnvoll, diese aus eigenem Antrieb auf den Weg zu bringen. Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass die Kommunalpolitik diese dem Bauhof früher oder später aufzwingt.

Eine Kalkulation, die sich in der Praxis bewährt und gleichzeitig eine hohe Treffsicherheit bei den Prognosen sowie beim Jahresergebnis aufweist, bedarf neben dem betriebswirtschaftlichen Handwerkszeug auch Erfahrung. Dementsprechend ist es normal, dass die erste Kalkulation möglicherweise größere Abweichungen zwischen Soll und Ist aufweist. Die Abweichungen sollten jedoch bei den folgenden Kalkulationen geringer werden.

Gestalten Sie die Kalkulation zu Beginn so einfach und pragmatisch wie möglich. Sehr komplexe Kalkulationen erwecken oft nur den Eindruck einer gewissenhaften Arbeit, da sie schwer nachvollziehbar sind. Für die Praxis erweisen sich diese häufig als ungeeignet, da die Gefahr besteht, dass das große Ganze und die wesentlichen Zusammenhänge aus dem Blick verloren werden. Eine nachvollziehbare und übersichtliche Kalkulation hingegen weckt Vertrauen. Ein höheres Maß an Komplexität sollte sich nach dem tatsächlichen Informationsbedürfnis richten und nicht zum Selbstzweck werden. So wird die Akzeptanz für den Erfassungsaufwand innerhalb des Bauhofes gefördert und die Qualität im Abrechnungsprozess gewährleistet.